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Lebensraum Stadt – Urbane (T)Räume für Mensch, Natur und Klima

Die Klimakrise entscheidet sich in den Städten

Rund die Hälfte der 7,5 Milliarden Menschen weltweit lebt schon heute in Städten. Im Jahr 2030 werden es bereits 60 Prozent und bis 2050 wohl 80 Prozent sein1. Gleichzeitig sind Städte für rund drei Viertel des globalen CO2-Ausstoßes verantwortlich2. Dementsprechend spielt der urbane Raum eine entscheidende Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels und bei der Frage, wie Menschen in Zukunft gerecht und lebenswert zusammenleben können.
Städteplanung und Städtebau kommen dabei eine wichtige Rolle zu: es geht darum, neu und anders zu planen. Hierfür braucht es nicht weniger als einen Paradigmenwechsel. Die Stadt von morgen soll grün, nachhaltig und lebenswert sein. Das gelingt, wenn statt der (wirtschaftlichen) Interessen einzelner, die Bedürfnisse aller Menschen wieder in den Mittelpunkt der Planung rücken.

Die Stadt von morgen entsteht schon heute

Auch in München gibt es bereits eine Vielzahl an Initiativen und Projekten, die graue Betonwüsten begrünen, Rückzugsorte von Tieren und Pflanzen schützen, sich für den Erhalt von Bäumen einsetzen oder Parkplätze mit (temporären) Gärten bepflanzen. 
Der Münchner Klimaherbst 2022 möchte diesen Akteur*innen eine Plattform bieten und neue Räume eröffnen, um über eine nachhaltige Stadtentwicklung zu diskutieren, um über Klimawandel und Klimaschutz in diesem Zusammenhang aufzuklären und um aufzuzeigen, was wir hier vor Ort tun können.
Das Thema des Münchner Klimaherbst 2022 – Lebensraum Stadt – umfasst unterschiedliche Themenbereiche, die untereinander starke Zusammenhänge und Überschneidungen aufweisen. Die folgend dargelegte Einteilung bietet eine Übersicht darüber, welche Themenfelder, Akteursgruppen und Fragestellungen im Kontext einer klimafreundlichen Stadtentwicklung von Relevanz sind.

Soziales & Gesundheit

Eng verwoben mit Fragen des klimafreundlichen Lebens in der Stadt sind Fragen der sozialen Gerechtigkeit, denn: Während finanziell besser gestellte Menschen sich auch in den Städten große Wohnungen und einen hohen Energieverbrauch leisten können und damit pro Kopf einen höheren CO2-Ausstoß haben, ist es für finanziell schwächer ausgestattete Personen und Familien häufig schwierig, überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wegen schlechterer Isolierung der Wohnungen und mangelnder Möglichkeiten, sich durch Sanierungen vor Hitze und Kälte zu schützen, leiden sie gleichzeitig mehr unter den Folgen des Klimawandels. Nimmt in Mietobjekten der*die Vermieter*in im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen energetische Sanierungen vor, so führen entsprechende Mieterhöhungen häufig zu Verdrängungen und verschärfen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Es gilt also, klimafreundliches Wohnen und soziale Gerechtigkeit zusammenzudenken und die Frage zu stellen, wie wir die bestehenden strukturellen Ungerechtigkeiten auflösen statt weiter verschärfen können.

Klimafreundliche Lösungen müssen alle Menschen mitnehmen

Um Menschen aller Gesellschaftsbereiche bei der Transformation des Lebensraums Stadt mitzunehmen und dabei deren individuelle Probleme und Bedürfnisse zu berücksichtigen, ist die Einbindung der Bürger*innen in die Planungsprozesse – also mehr Partizipation und Demokratisierung – wichtig. Insbesondere die Perspektiven marginalisierter Gruppen gehen im öffentlichen Diskurs schnell unter – ihnen sollte durch entsprechend offene, niedrigschwellige Beteiligungsformen Rechnung getragen werden. Gemeinsam möchten wir uns im Klimaherbst die Fragen stellen, wie solche Formen der niedrigschwelligen Beteiligung aussehen können, welche Maßnahmen sich in der Praxis bereits bewähren und wie sich diese nachhaltig etablieren lassen.

Ein wichtiger Grundstein für eine nachhaltige, klimafreundliche Stadtentwicklung ist Bildung: Sie befähigt die Menschen zur (politischen) Beteiligung und sozialem Engagement, sie fördert den sozialen Zusammenhalt und sensibilisiert die Menschen für die Herausforderungen und Transformationsprozesse, die Klimawandel und Klimaanpassung im urbanen Raum mit sich bringen. Entsprechend wichtig ist es, dass in allen Bildungsbereichen und für alle Altersstufen ein vielfältiges Bildungsangebot im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) geschaffen wird. Dabei sind nicht nur formale Bildungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten gefragt, sondern auch außerschulische Einrichtungen wie Jugendverbände, Vereine und Initiativen – sie alle leisten einen wichtigen Beitrag dazu, in der Münchner Stadtgesellschaft Offenheit für die anstehenden Veränderungen zu schaffen und ihr Räume zum Ausprobieren und Mitgestalten zu eröffnen.

Der Klimawandel in den Städten gefährdet die Gesundheit

Die Anpassung unserer Städte an die Folgen des Klimawandels dient nicht zuletzt auch der Gesundheit ihrer Bewohner*innen. Klimatische Veränderungen wie extreme Hitze- und Kälteperioden sowie Starkregenereignisse bringen insbesondere für Menschen in Ballungszentren gesundheitliche Risiken mit sich. Diesen Gefahren sollte zum einen durch städtebauliche Maßnahmen, Begrünungen und dem Schutz von Frischluftbahnen begegnet werden. Zum anderen gilt es, die Stadtbewohner*innen mit Informationen zu versorgen, wie sie sich etwa bei einer Hitzewelle oder einem Starkregenereignis schützen können. Auch die Gesundheitsgefahren durch Tiere und Pflanzen häufen sich aufgrund des Klimawandels. Hierzu zählen beispielsweise stärkere Belastungen für Allergiker*innen sowie ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Krankheiten durch Tiere (z.B. mehr Mücken- und Zeckenbisse). Zu den klimawandelbedingten Gesundheitsfolgen kommen jene Beeinträchtigungen von Gesundheit und Wohlbefinden hinzu, die das Stadtleben ohnehin mit sich bringt, also Belastungen durch Lärm, Luftverschmutzung und Gestank. 
Wir möchten deshalb darüber diskutieren, wie wir die Gesundheit der Stadtbewohner*innen in Zukunft besser schützen und auf die Gefahren, die durch den Klimawandel entstehen, reagieren können.

Natur in der Stadt

Die Stadt ist nicht nur Lebensraum für Menschen, sie ist und soll auch weiterhin Lebensraum für Tiere und Pflanzen sein. Unter dem Themenschwerpunkt “Natur in der Stadt” beschäftigen wir uns deshalb mit allem, was in der Stadt neben dem Menschen noch so wächst und lebt: unbemerkt am Straßenrand oder in Szene gesetzt auf Dachgärten und in Parks. Denn auch diese leiden unter den klimatischen Veränderungen, sind aber gleichzeitig wirksame Klimaretter.

Bäume: Stadtklimaanlagen für Mensch und Tier

Die ältesten Lebewesen in jeder Stadt sind Bäume – viele Arten werden mehrere hundert Jahre alt. So gibt es auch in München viele Bäume, die einiges zu erzählen hätten. Gleichzeitig sind sie Lebensraum für viele Tierarten, CO2-Speicher und Stadtklimaanlagen sowie Augenweiden und Schattenspender für die Menschen. Die Münchner “Baumschutzverordnung” schützt Bäume ab einer bestimmten Größe – doch wie wird gewährleistet, dass auch genügend neue Bäume gepflanzt werden? Werden auch tote Bäume als wichtiger Lebensraum für Tiere geschützt? Es gibt kreative Ideen, Bäume in asphaltierte Straßen zu holen: von der bepflanzten Ape bis hin zur Wanderbaumallee gibt es viele Möglichkeiten zum Nachahmen und Mitmachen für Münchner*innen. Im Rahmen des Münchner Klimaherbst möchten wir diese Möglichkeiten aufzeigen und gemeinsam umsetzen.

Stadtgrün vs. Wohnraum: Ein unlösbarer Konflikt?

Nicht nur Bäume, sondern auch Parkanlagen, Stadtbäche, urbane Gärten und begrünte Dachflächen und Fassaden erfüllen wichtige Funktionen im urbanen Raum – sowohl für das Stadtbild, die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Bewohner*innen, als auch für den Klimaschutz und die Klimawandelanpassung. So schafft die sogenannte grün-blaue Infrastruktur Versickerungsflächen und beugt somit Überschwemmungen vor, sie bindet CO2 und Feinstaub, schützt vor Hitze, sorgt für Abkühlung, Lärmdämmung und eine bessere Luftqualität. Trotz dieser positiven Funktionen fehlt es in Städten oft an Grünflächen, was nicht zuletzt mit Konflikten in der Flächennutzung zusammenhängt – insbesondere in München. Denn bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum steigt auch der Bedarf an Wohn- und Gewerbegebäuden. Wie möchten wir in Zukunft mit solchen Nutzungs- und Zielkonflikten umgehen? Welche Lösungsansätze gibt es bereits und wie lassen sich diese in die Breite tragen?

Städte als Lebensraum für Tiere und Pflanzen

Auch die Tiere, die in der Stadt leben, möchten wir in den Blick nehmen, ebenso wie entsprechende Maßnahmen, um bedrohte Bestände (wie etwa dem der Spatzen) wieder aufzubauen. Interessanterweise findet man in manchen Stadtparks sogar eine größere Artenvielfalt als auf dem Land, da dortige landwirtschaftliche Monokulturen weniger vielfältigen Lebensraum bieten. Damit keine Lebensraum-Inseln entstehen, benötigt es in der Stadt ausreichend Grünschneisen, die es den Tieren ermöglichen, sich fortzubewegen ohne mehrspurige Autostraßen überqueren zu müssen – wiederum eine Aufgabe für die Stadtplanung.
Wir möchten uns also fragen: Wie kann die Stadt auch für Tiere ein lebenswerter Ort bleiben oder wieder werden? Was kann die Politik und was kann jede*r Einzelne dazu beitragen?

Mobilität & Verkehrsplanung

Münchens Mobilität steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderung: Sie muss klimaneutral werden und gleichzeitig allen Menschen die Teilnahme ermöglichen – und das vor dem Hintergrund einer zunehmenden Bevölkerung und begrenzter Verkehrsflächen. Damit die Verkehrswende gelingen kann, braucht es verschiedene Maßnahmen.

Auto ade?

Eine der wichtigsten Stellschrauben ist die Reduktion des privaten Autoverkehrs. Dieser ist nämlich nicht nur die flächenintesivste Mobilitätsform (parkend wie fahrend), sondern verursacht zudem große Mengen an klima- und gesundheitsschädlichen Emissionen. Folglich gilt es, alternative, klimafreundliche Mobilitätsangebote schnellstmöglich auszubauen. Dies betrifft insbesondere den Öffentlichen Nahverkehr, aber auch Sharing-Angebote und sichere Fuß- und Radwege. Weitere politische Maßnahmen zur Reduktion des innerstädtischen Autoverkehrs sind die Einführung einer City-Maut, höhere Parkgebühren und mehr Tempolimits. Der Klima-Benefit von weniger Autos in der Stadt ist letztlich ein doppelter: durch weniger Autoverkehr werden zum einen Emissionen eingespart, zum anderen können die freiwerdenden Flächen für klimafreundliche Mobilitätsangebote sowie für mehr grün-blaue Infrastruktur genutzt werden. Dort, wo motorisierte Fahrzeuge weiterhin unersetzlich bleiben, gilt es schnellstmöglich auf Elektromobilität umzustellen.

Die Stadt der Zukunft: Kurze Wege und viele Transportmöglichkeiten

Alternative Mobilitätsangebote “nur” auszubauen reicht jedoch nicht aus – die Angebote müssen auch so organisiert sein, dass sie von den Stadtbewohner*innen als sinnvolle AlternativeN zum Auto wahrgenommen und tatsächlich genutzt werden. Damit dies gelingt, müssen Wege zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV sicher, komfortable, zeit- und auch kostensparend zurückgelegt werden können. Ergänzende Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing, Fahrradverleihsysteme und Online-Mitfahrvemittlungsdienste müssen einfach zugänglich und gut miteinander vernetzt sein (Stichwort Digitalisierung).
Ein weiterer Weg, Autos und generell den Mobilitätsbedarf in Städten zu reduzieren, ist, Stadtviertel so zu gestalten, dass relevante Einrichtungen (Supermärkte, Ärzte, Apotheken, Schulen, Gastronomie, Sportanlagen…) fußläufig oder mit dem Fahrrad zu erreichen sind. Dieser Gedanke steht hinter dem Trend-Konzept der “15-Minuten-Stadt”, dem sich einige europäische Großstädte wie Paris und Oslo bereits verschrieben haben. Auch der Ansatz der “Superblocks” verbreitet sich ausgehend von Barcelona in Europa: Dabei handelt es sich um Straßenblocks, in denen der Autoverkehr durch Einbahnstraßen, Tempolimits und Parkplatz-Minimierung reduziert wird.

Es wird deutlich: Die Wege hin zu einer klima- und benutzer*innenfreundlichen Mobilität sind vielfältig. Im Klimaherbst möchten wir uns die Fragen stellen, wie die innerstädtische Mobilität von morgen aussehen kann, welche Ansätze bereits geplant und umgesetzt werden und wie bereits laufende Modellversuche in die Breite getragen werden können. Einen aktuellen Anlass für die Auseinandersetzung mit dem Thema Mobilität bietet dabei die Münchner “Mobilitätsstrategie 2035”, die dem Stadtrat im Herbst 2022 zur endgültigen Beschlussfassung vorgelegt wird.

Die Energiewende in den Städten

In Städten wird ein Großteil der Primärenergie verbraucht und rund 80 Prozent der weltweiten Treibhausgase ausgestoßen3. Gleichzeitig tragen sie bisher vergleichsweise wenig zum Umstieg auf regenerative Energiequellen bei. Dies muss sich in Zukunft ändern, wenn wir die gesetzten Klimaziele erreichen möchten – die Energiewende betrifft die gesamte Stadt. Im Klimaherbst möchten wir uns deshalb fragen: Was tut München bereits für die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen? Wo gibt es noch Nachholbedarf? Und wie kann jede*r Einzelne von uns den eigenen Energiebedarf reduzieren und aus erneuerbaren Quellen schöpfen?

Solarenergie als Treiber der urbanen Energiewende

Die Umstellung auf eine dezentrale Energieversorgung spielt eine tragende Rolle für die städtische Energiewende: Energie soll überall im Land eingefangen, statt ausgehend von Mega-Kraftwerken quer durchs Land gelenkt werden. In den Städten birgt dabei insbesondere die Solarenergie – etwa im Vergleich zur flächenintensiven Windenergie – großes Potenzial. Neben bereits bekannten Konzepten, wie der Erzeugung von Solarenergie auf Dächern, müssen in Zukunft auch neuere Technologien gefördert und verbreitet werden, wie beispielsweise Photovoltaikanlagen an Fassaden oder auch als Straßenbelag. Zusätzlich zu den technischen Entwicklungen braucht es jedoch auch politische Maßnahmen. Wichtige Hebel wären beispielsweise die bundesweite Solarpflicht oder auch unbürokratische Regelungen für Solaranlagen auf Mietshäusern (Stichwort Mieterstrom). Dass München großen Nachholbedarf hat, was den Solarausbau betrifft, zeigt der jüngste “SolarCheck” von LichtBlick: Während einige Städte bereits über 40 Prozent ihres Potenzials für PV-Anlagen auf Dächern von Neubauten ausschöpfen, schafft München nicht einmal die 10 Prozent-Hürde4. Welche politischen, technischen und gesellschaftlichen Hebel wir betätigen können, um Münchens Solarpotenzial besser zu nutzen, möchten wir im Klimaherbst diskutieren.

Natürliche Wärme als klimafreundliche Lösung

Ein großer Teil der Treibhausgasemissionen von Städten entsteht im Bereich der Wärmeversorgung. Deshalb stellt sich in Sachen Wärmewende die dringliche Frage, wie wir in den Städten den Anteil von erneuerbarer Energien und auch Abwärme bei der Wärmeversorgung steigern können. In München birgt insbesondere die Geothermie große Potenziale: Stadt und Region haben tief unter der Erde einen riesigen Vorrat an heißem Thermalwasser, der zur Erzeugung von umweltfreundlicher Fernwärme und somit zum Heizen und sogar zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Die SWM hat sich zum Ziel gesetzt, München bis 2040 zur ersten deutschen Großstadt zu machen, in der Fernwärme zu 100 Prozent aus regenerativen Energien gewonnen wird5 und betreibt hierfür bereits sechs Geothermieanlagen. Welche Chancen und Herausforderungen diese und weitere regenerative Energiequellen bei der Erzeugung von Wärme für die Stadt München bereithalten – darüber möchten wir beim Münchner Klimaherbst in den Austausch kommen.

Gebäude – schlafende Energieriesen

Besondere Aufmerksamkeit muss dem Gebäudesektor zukommen: auf ihn entfallen rund 35 Prozent des Endenergieverbrauchs und 25 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen6. Um das bundesweite Ziel eines bis 2050 weitestgehend klimaneutralen Gebäudesektors noch erreichen zu können, braucht es insbesondere im Bestand weitreichende Sanierungsmaßnahmen (z.B. durch Austausch bzw. Erneuerung von alten Heizungsanlagen, Fenstern, Außentüren und Dämmungen). Diese energetischen Sanierungen können Hausbesitzer*innen jedoch nur dann durchführen, wenn von Seiten der Politik attraktive Förderangebote gestellt werden. Gleiches gilt für den Bereich der Neubauten: Auch hier müssen entsprechende politische Anreize geliefert werden, damit Gebäude mit hohen Energiestandards – wie z.B. Passiv-, Nullenergie- oder Plusenergiehäuser – zur Norm werden. Fakt ist: Wenn Deutschland die angekündigten Klimaziele im Gebäudebereich tatsächlich erreichen will, muss sich die jährliche Sanierungsrate von unter einem auf über zwei Prozent mehr als verdoppeln7. Beim Klimaherbst stellen wir uns die Fragen, mit welchen Maßnahmen das gelingen kann und wie wir alle Menschen bei der Energiewende im Gebäudebereich mitnehmen können.

Welche Rolle spielen Energieeinsparungen?

Die deutsche Regierung hat sich in Sachen Energieeinsparungen ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2030 möchte sie den Primärenergieverbrauch um 30 Prozent senken8. Hierbei sind Privathaushalte ebenso gefragt wie Unternehmen und Kommunen. Einsparungen passieren dort, wo Energie durch effizienten Einsatz oder sparsames Verhalten erst gar nicht verbraucht wird. Während sich Energieeffizienz vor allem durch die Entwicklung und Verbreitung technischer Lösungen voranzutreiben lässt, ist der sparsame Umgang mit Energie ein Klimaschutz-Hebel, den jede*r Einzelne von uns betätigen kann – oft schon mit kleinen Verhaltensänderungen: Geräte ausschalten, statt sie im Stand-By-Modus laufen zu lassen, mit niedrigeren Temperaturen waschen, Licht beim Verlassen des Raums ausschalten, auf LEDs umsteigen etc. Diese und weitere Stellschrauben für einen effizienten und sparsamen Umgang mit Energie in Städten möchten wir im Klimaherbst 2022 in den Blick nehmen.

Quartiers- und Stadtplanung

Das besondere Potenzial der Quartiere für den Klimaschutz

Bei der Auseinandersetzung mit der Frage, wie wir den urbanen Raum klimafreundlicher gestalten können, lohnt sich der Blick auf die Quartiersebene. Als lebensnahe und direkt erfahrbare Räume können hier neue Praktiken und Ideen zur Lösung globaler Zukunftsfragen erprobt werden. Die Quartiersentwicklung ist dabei als eine Art Querschnittsthema zu verstehen, das viele der anderen Themenbereiche – z.B. Energieversorgung, Begrünung, Mobilität und Partizipation – betrifft. So kennzeichnet sich ein klimafreundliches, lebenswertes Quartier etwa durch innovative Lösungen zur dezentralen Energieversorgung, eine effiziente und flexible Flächennutzung, viel grün-blaue Infrastruktur, eine fußläufig erreichbare Nahversorgung sowie ein gut angebundenes klimafreundliches Mobilitätsangebot.

Aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe haben die Stadtbewohner*innen in der Regel einen engeren Bezug zum Quartier als zur Gesamtstadt – man identifiziert sich mit dem eigenen Block, Bezirk oder Viertel und ist daher interessiert und motiviert, sich in dessen Gestaltung einzubringen. Somit eignen sich Quartiersprojekte in besonderer Weise dazu, die Anwohner*innen in Maßnahmen für mehr Klimaschutz einzubinden und sie an der Gestaltung einer klimafreundlichen Stadt zu beteiligen. Daher möchten wir im Klimaherbst das Quartier als Strategie- und Umsetzungsebene für mehr Klimaschutz in den Blick nehmen, Gestaltungsmöglichkeiten für eine klimafreundliche Quartiersentwicklung erkunden und Einblicke in bereits laufende sowie geplante Klimaschutz-Projekte auf Quartiersebene gewinnen.

Klimaschutz bei der Stadtplanung konsequent mitdenken

Doch nicht nur auf Quartiersebene, sondern auch auf Ebene der Stadtplanung muss Klimaschutz und Klimawandelanpassung in Zukunft stringent mitgedacht werden. In München kann es heute schon bis zu 10 Grad wärmer sein als im Umland – bei steigenden Temperaturen stellt dies eine Gesundheitsgefährdung für die Bewohner*innen dar9. Auch Extremwetterereignisse wie Starkregen können sich durch steigende Versiegelung stärker auswirken und Überschwemmungen verursachen, weshalb die Klimawandelfolgenanpassung in der Stadt auch Katastrophenschutz bzw. -prävention darstellt. Deshalb ist es wichtig, bei der Stadtplanung die Erhaltung von Grünanlagen und Kaltluftschneisen sowie die Minimalisierung von Versiegelung und Maximalisierung von Entsiegelung zu berücksichtigen.

Damit eng verwoben sind auch Fragen der effizienten Flächennutzung: Wie können wir in Ballungsgebieten neuen Wohnraum schaffen, ohne zusätzliche Flächen zu verdichten und ohne neue Nutzungskonflikte zu schaffen? Aktuell ist die pro-Kopf-Wohnfläche in Deutschland bei ca. 47m² – wobei die Spanne zwischen 22 und 83m² pro Kopf liegt10. Seit den 50er Jahren hat sich diese Zahl verdreifacht – wird dieser Trend anhalten oder wieder abnehmen?

Und was plant München?

Was die Stadt- und Quartiersentwicklung angeht, sind in München aktuell viele Planungsprozesse im Gange, darunter u.a. die Fortschreibung der “Perspektive München”, der Entwurf des Stadtentwicklungsplans “STEP 2040”, das Forschungsprojekt “Grüne Stadt der Zukunft” oder die Umsetzung des sogenannten “integrierten Handlungsraumskonzepts”. 
Der Verlauf und die Ergebnisse dieser städtischen Entwicklungspläne und -maßnahmen hin zu einem klimafreundlicheren München werden im Klimaherbst 2022 Thema sein und diskutiert werden.

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